Geschützte Wanderroute für Haie
Aufbau von geschützter Wanderroute für bedrohte Haiarten
Im Südost-Pazifik findet man die letzten grossen Ansammlungen von Haien, denn in diesem Bereich treffen sich mehrere starke Meeresströmungen. Von Norden kommt der warme Panama-Strom, von Süden der kalte, nährstoffreiche Humboldt-Strom und aus der Tiefe steigt der noch kältere Cromwell-Strom bei den Galápagos Inseln auf. Das führt zu einem Fischreichtum, der diese grossen Jäger anzieht. Daher haben die Regierungen der an den Südost-Pazifik grenzenden Länder schon einige Meeresschutzgebiete eingerichtet. Trotzdem sterben in diesem Gebiet immer noch extrem viele Haie.
Eines dieser Schutzgebiete ist das Meeresschutzgebiet von Galápagos (GMR). Es zählt zu den haireichsten Gewässern der Erde. Hier findet man grosse Walhaie (die Mehrzahl davon schwangere Weibchen) und Raubfische wie den Galápagos-Hai oder den Bullenhai. Ende 2017 wurden in den Mangrovenwäldern entlang der Küste von Santa Cruz, Kinderstuben der stark gefährdeten Bogenstirn Hammerhaie entdeckt und auch Schwarzspitzenhaie finden in den flachen Gewässern bei San Cristobal beste Bedingungen für ihre Jungtiere.
Doch viele dieser Fische bleiben nicht dauerhaft im Meeresschutzgebiet da sie wandern.
Dies ist auch der Grund für die hohe Sterblichkeitsrate im Südost-Pazifik. Die Haie werden in den offenen Gewässern ausserhalb der Schutzzonen von der Fischindustrie gnadenlos wegen ihrer Flossen gejagt. Die Fischer deklarieren die Haie als Beifang und umgehen so bestehende Fangverbote. Allein in Ecuador werden 250´000 Haie als Beifang deklariert, was für unbeabsichtigten Fang eine viel zu grosse Anzahl von Tieren ist.
Suche nach den Wanderrouten
Daher ist es wichtig herauszufinden welche Routen die Haie genau bei Ihren Wanderungen nehmen. Anhand von GPS- und Peilsenderdaten konnte man bereits einige bevorzugte Wanderwege der Haie erkennen, die jedoch alle durch stark befischtes Gebiet verlaufen.
Die vorhandenen Daten aus bestehenden Walhai-Projekten zeigen die Notwendigkeit, den nördlichen Bereich des Galápagos Meeresschutzgebiets um die Inseln Darwin und Wolf herum, als Hai-Schutzgebiet auszuweisen. Ausserdem stellte man fest, dass eine oft gewählte Wanderroute entlang der Cocos Ridge verläuft, einem Tiefseegebirgszug, der zur 756 Kilometer nördlich liegenden Cocos Insel führt. Hier finden die Fische ausreichend Nahrung und Versteckmöglichkeiten. Daher wird diese Passage nicht nur von den Haien, sondern auch von Meeresschildkröten und Mantas genutzt. Die Cocos Insel gehört zu Costa Rica und ist genau wie die Galápagos Inseln ein UNESCO Weltkulturerbe mit einem Meeresschutzgebiet, um den Fischreichtum um die Cocos Insel herum zu erhalten.
Eine geschützte Schwimm-Passage
Die Haie sind in beiden Meeresschutzgebieten vor den Fischfangflotten mehrheitlich geschützt. Das gilt aber nicht für ihre Wanderung zwischen den Schutzgebieten. Es ist nur möglich, offene Meeresgebiete vor Fischfang zu bewahren, wenn alle angrenzenden Staaten sich gemeinsam hierauf verständigen. Ecuador und Costa Rica arbeiten schon lange zusammen, um den Schutz der Ökosysteme zu gewährleisten. Im April 2018 wurde eine Vereinbarung zur Stärkung der gemeinsamen Bemühungen um die Nationalparks der Galápagos Inseln und der Cocos Insel unterzeichnet. Aus diesem Grund will der Galápagos Conservation Trust (GCT) in Zusammenarbeit mit der Organisation MigraMar diese Bereitschaft der Regierungen nutzen, um weitere stichhaltige Beweise für die Schutzwürdigkeit der Wanderroute zwischen den beiden Meeresschutzgebieten zu sammeln. Denn nur so ist es möglich den notwendigen Druck auf die zuständigen Regierungen aufzubauen und sie zu überzeugen, dass diese Schwimmpassage rasch unter Naturschutz gestellt werden muss, um den Fortbestand der Haie zu sichern.
Bisher war es durch fehlende Technik nur unter grossem Aufwand möglich Haie im offenen Ozean zu beobachten oder ihre Wege zu verfolgen, da offene Meeresgebiete schwer zu überwachen sind und die Technologie dazu unzureichend war. Durch die Entwicklung von ferngesteuerten Unterwasserkameras, die mit Köderboxen versehen sind, gibt es eine kostengünstige und für den Menschen ungefährliche Möglichkeit, Haie zu beobachten. Diese Technologie, ist bekannt als Baited Remote Underwater Video Systems (BRUVS), wurde kürzlich bei einer Expedition im Gebiet zwischen Galápagos und der Cocos Insel von der Organisation MigraMar getestet.
Dabei werden die Kameras von Bord eines Schiffes auf den Meeresboden abgesenkt und scannen den gesamten Bereich um die Köderbox. Die Bilder werden dann an die Oberfläche gesendet und dort aufgezeichnet. Auf diese Weise können die Fischbestände ohne Tauchgänge mit minimalem Mitteleinsatz beobachtet und analysiert werden.
Die BRUV unterscheiden sich durch die Ausrichtung und Anzahl der Kameras. Es gibt Systeme mit einzelnen oder Modelle mit zwei horizontal oder nach unten ausgerichteten Kameras. An den Gestellen der Videosystemen kann sogar eine Beleuchtung angebracht werden, die eine optimale Ausleuchtung der Umgebung ermöglicht.
Erste Ergebnisse der Studie sind vielversprechend. Wenn BRUVS in größerem Umfang eingesetzt werden, sind erste systematische Analysen über die Verteilung von Haien und anderen Fischen im Meeresschutzgebiet von Galápagos, an der Küste Ecuadors und auf der geplanten Schwimm-Passage möglich.
Um einen besseren Schutz der gefährdeten Haie sicher zu stellen, ist es wichtig so viel wie möglich über die Tiere, ihr Verhalten und ihre Lebensgewohnheiten zu erfahren. Daher sollen mit Hilfe von Drohnen alle Kinderstuben von Hammer- und Schwarzspitzen-Haien kartiert und weitere Beweise für die Walhai-Aufzuchtplätze gesucht werden. Ebenso wichtig sind die genauen Erhebungen der Fischereiaktivitäten um die Meeresschutzgebiete herum. Durch den Einsatz von BRUVS sollen die Wanderung der Haie und die von ihnen genutzten Routen belegt werden.
Diese Datensammlung wird die dringende Notwendigkeit einer geschützten Schwimm-Passage belegen, die aufbauend auf dem von Ecuador und Costa Rica unterzeichneten Abkommen eingerichtet werden soll. Ausserdem können die aktuellen Daten auch die höhere Schutzwürdigkeit einzelner Haiarten beweisen, was sich auf deren Einstufung in der Roten Liste auswirkt und so ebenfalls den politischen Druck zur Einrichtung einer geschützten Schwimm-Passage erhöht.