Barcoding Galápagos – Barcodes für alle mehrzelligen Lebewesen auf Galápagos
Wahrscheinlich haben Sie sich über die Überschrift gewundert. Barcodes sind uns aus dem Supermarkt bekannt, aber was haben sie mit Galápagos zu tun? Es ist schon eine ungewöhnliche Vorstellung, dass jede Art dieses Archipels einen dieser Strichcodes erhalten soll.
Keine Angst, es geht dabei nicht darum, alle Lebewesen mit einem Strichcode zu etikettieren und dann mit einem Scanner über die Inseln zu laufen und die jeweiligen Daten einzulesen. Ziel des Projektes ist, eine Datenbank oder Bibliothek zu erstellen, in der das genetische Profil, also der «individuelle Bauplan» jeder Art von Leben auf dem Archipel, anhand eines Barcodes abgerufen werden kann.
Zeichnungen © Galápagos Conservation Trust
Bisher wurden unterschiedliche Arten von Lebewesen hauptsächlich nach ihrer äusseren Erscheinung beschrieben und zugeordnet, also taxonomisch erfasst. Es ist jedoch oftmals sehr schwierig, eine Spezies ausschliesslich nach ihren direkt sichtbaren morphologischen Eigenschaften zuverlässig zu bestimmen. Aus diesem Grund sind viele Taxonomien inzwischen veraltet. Aktuell geht die Wissenschaft davon aus, dass es weltweit mehr als 8.7 Mio. Arten gibt, von denen bisher nur ein kleiner Teil wissenschaftlich zugeordnet werden konnte.
Wir können nur schützen, was wir kennen!
Unter Wissenschaftlern, die sich mit bedrohten Arten und dem Verlust von genetischer Diversität beschäftigen, ist dieser Satz ein geflügeltes Wort. Denn nur wenn wir neben den makroskopisch sichtbaren Merkmalen auch das Genom, also die gesamte Erbinformation einer Art genau kennen, sind wir in der Lage einzuschätzen, ob eine Art gefährdet ist oder nicht. Schliesslich ist die genetische Diversität einer Spezies die Voraussetzung für den dauerhaften Arterhalt.
Ein Beispiel hierfür ist die Entdeckung von Prof. Sebastian Steinfartz, der nach genetischen Analysen im Jahr 2017 feststellte, dass es bei den Meerechsen insgesamt 11 Unterarten gibt. und dass sich auf San Christóbal sogar zwei Unterarten nebeneinander entwickelt haben, die räumlich nur wenige Kilometer getrennt voneinander leben. Gemäss der Weltnaturschutzunion IUCN sind leider alle diese Meerechsen vom Aussterben bedroht. Dr. Amy MacLeod ist eben von einer Zählung der Tiere zurückgekehrt. Wir hoffen, Ihnen bald mehr Informationen darüber geben zu können.
Was ist neu?
Eine Art anhand eines kleinen Abschnitts ihrer DNA zuverlässig zuzuordnen, ermöglicht eine schnellere und nachhaltigere Erfassung der Spezies in einem Ökosystem. Schliesslich hat jede Art einen einzigartigen Satz von Genen. Dieser wird dann mit einem eindeutigen Barcode versehen.
Wissenschaftler können, nachdem sie die Gene aus den genommenen DNA-Proben extrahiert haben, erkennen, wie eng die Verwandtschaft zwischen verschiedenen Gruppen oder Individuen einer Art ist. Daran zeigt sich auch die genetische Vielfalt einer Spezies. Auf diese Weise wird es künftig/in Zukunft viel einfacher, geeignete Zuchtpartner zu finden und so den Erhalt einer Art zu sichern. Zudem gehen die Forscher davon aus, dass es möglich ist, durch das «Barcoding» mehr neue Arten als bisher zu entdecken. Leider ist aktuell das Wissen darüber, welche Arten für ein Ökosystem in welchem Masse wichtig sind, recht begrenzt. Das macht es an einem so einzigartigen Ort wie den Galápagos-Inseln aufwändiger, nachhaltige Schutzmassnahmen zu ergreifen.
Warum Galápagos?
Obwohl wir regelmässig von Forschungsprojekten auf den Galápagos-Inseln berichten und viele neue Erkenntnisse gewonnen werden, sind immer noch viele Arten auf dem Archipel nicht erforscht. Hier sind insbesondere die Fische der Korallenriffe und Mikroorganismen zu nennen, die den grössten Teil der Artenvielfalt der Inseln ausmachen. Diese Wissenslücke soll nun mit dem Projekt «Barcoding Galápagos» geschlossen werden, indem das Genom aller auf dem Archipel lebenden Arten beschrieben wird. Damit sind nicht nur die Riesenschildkröten, Meerechsen, Landleguane oder Spottdrosseln gemeint. Auch alle Pflanzenarten wie Scalesia-Bäume, Mangroven oder Opuntien und Insektenarten bis hin zu Mikroben sollen erfasst werden.
Dies klingt nach einem ehrgeizigen Vorhaben, doch Experten gehen davon aus, dass die Erfassung aller Arten des Ökosystems von Galápagos realistisch und machbar ist. Durch die natürliche Isolation der Galápagos-Inseln eignen sie sich perfekt für ein solches Projekt; denn durch den vulkanischen Ursprung des Archipels geht die Wissenschaft von «nur» 9’000 unterschiedlichen Arten mehrzelliger Lebewesen aus.
Der langfristige Nutzen
Diese Galápagos-Barcode-Bibliothek wird Wissenschaftlern und Naturschützern helfen zu entscheiden, welche Tiere für Wiederansiedlungsprojekte am besten geeignet sind sind oder wo Probleme innerhalb des Ökosystems liegen. Ein weiterer Gewinn dieser Datenbank ist die Möglichkeit, invasive Arten und deren Herkunft ermitteln zu können. Dadurch können in Zukunft verbesserte Schutzmassnahmen entwickelt und laufende Projekte gezielter unterstützt werden. und laufende Projekte gezielter. Aber auch der illegale Handel mit Tieren und Pflanzen wird erschwert, wenn es problemloser ist, einzelne Arten rasch zuzuordnen.
Damit vereint dieses Projekt mehrere Ziele. Auch die Bevölkerung der Galápagos-Inseln profitiert von einer Barcode-Bibliothek. Immer noch sind Arbeitsplätze rar, und die Bewohner der Inseln leiden an einer wirtschaftlichen Krise, die durch die COVID-19-Pandemie ausgelöst wurde. Dieses Projekt hat bis jetzt 84 Einheimischen eine Beschäftigungs-möglichkeit im Naturschutz verschafft. Sie haben eine fundierte Ausbildung in Labor- bzw. Feldtechniken erhalten und konnten bereits mehr als 400 Proben von Arten erfassen.
Sammeln von Proben © Galápagos Science Center
Bitte helfen Sie uns, dieses ehrgeizige Projekt zu unterstützen!
Mit Ihrer Spende tragen Sie dazu bei, dass es in Zukunft möglich wird, Entwicklungen der Lebewesen und ihre Anpassung an die Lebensbedingungen auf den Galápagos-Inseln besser zu verstehen. Durch Ihre Hilfe wird dieses zukunftsträchtige Projekt umgesetzt und damit der Weg zum Galápagos-Naturschutz 2.0 geebnet.